Bereits Mitte Januar haben wir euch unsere neue Rubrik Airtimers Informativ & Spekulativ vorgestellt. Heute widmen wir uns dem Phantasialand mit seiner Klugheim-Neuheit, einer der wohl sehnlichst herbeigewünschten Neuerung in deutschen Freizeitparks.
Wie in vielen Freizeitparks fand die Information über den Bau einer neuen Attraktion auch im Phantasialand über ein einfaches Artwork im Park den Weg zum Besucher. „Klugheim“ soll der Bereich also heißen und mit seinen mittelalterlich anmutenden Bauten direkt an den Mystery-Bereich angrenzen. Dem schreienden Gesicht auf dem Artwork nach muss es sich zudem auch um etwas sehr aufregendes handeln. Fakten über die Art der Attraktion oder gar Schienenlänge, Höhe und Geschwindigkeit oder ob es gar etwas gänzlich anderes werden sollte, waren Fehlanzeige. So weit, so wenig. Viel mehr Informationen sickerten auch bis dato nicht wirklich durch. Bis zum 3. Februar 2015! An diesem Tag wurde bekannt, dass der Name „Taron“ beim Deutschen Patent- und Markenamt als Wort- und Bildmarke eingetragen wurde, wie wir bereits hier berichteten.
Dass da etwas Großes auf uns zukommt, das hat Phantasialand-Chef Robert Löffelhardt höchstpersönlich in einem Interview versprochen. Gar „größer, besser und teurer“ als Chiapas soll die Neuheit werden. Nach Spekulationen über die Art der Attraktion, gibt es nun vermehrt auch Diskussionen über deren Gestaltung. Daher kommen wir nun zum zweiten Abschnitt der Reihe – den Spekulationen.
Widmen wir uns zunächst mal der Art der Attraktion. Immer wieder kommen Gerüchte auf, es handele sich um eine wirkliche Sensation, wie etwa dem SFX Ride, wie er demnächst in der Ferrari World in Abu Dhabi eröffnet und wir ihn euch hier bereits vorgestellt haben. Immerhin würde es sich dann um eine echte Innovation mit Europapremiere handeln. Das stünde dem Phantasialand auch aus marketingtechnischen Gründen doch ziemlich gut. Und auch die oben erwähnten Attribute „größer, besser, teurer“ träfen darauf zu. Für eine Achterbahn spricht aber auch, dass die letzte Eröffnung einer solchen mit der Black Mamba im Jahr 2006 bereits mehr als 8 Jahre zurück liegt. Auch Baubilder von Fundamenten lassen auf Derartiges schließen. Manche vermuten aufgrund diverser Aufnahmen von der Baustelle, dass ein Launch Coaster Einzug ins Phantasialand erhält.
Ebenso spannend ist aber auch die Thematisierung. Bisher lassen sich lediglich zwei Schlagwörter zusammentragen: Klugheim und Taron. Nach dem Roman von Julius von Voß aus dem Jahre 1923 waren die Klugheimer dafür bekannt, sich in kriegerischen Auseinandersetzungen eher zurückzuziehen, statt anzugreifen und trugen daher ihr Schild auf dem Rücken. Wie passt das nun mit dem Begriff „Taron“ zusammen? Dieser bezieht sich ja laut Wikipedia auf ein Volk in Myanmar, ein Quellfluss des Chindwin in Myanmar, einen Dialekt im Trentino und auf ein historisches Gebiet in Armenien.
Liest man sich die Artikel zum kleinwüchsigen Volk und dem Quellfluss in Myanmar durch, so lässt sich hier erstens schwer ein Bezug zum Begriff Klugheim herstellen und zweitens auch mit viel Fantasie keine kreative Storyline für die Attraktion ausmalen. Ein Dialekt im Trentino? Und gleich eine riesige Attraktion dazu? Auch das scheint nur schwer vorstellbar – auch wenn das Tier im Logo und die Holzbauten auf dem Foto vielleicht in diese Region passen würden.
Viel spannender ist da schon die Suche nach Spuren von Taron in der armenischen Geschichte. Für die Armenier spielt dieses Gebiet eine große religionsgeschichtliche Rolle – schließlich wurde hier zu Beginn des 4. Jahrhunderts vom heiligen Gregor die erste Kirche gegründet. Zu dieser Zeit würden auch wunderbar die auf dem Artwork erkennbaren Bauten passen. Auch die bereits angefertigten Basaltsäulen im Park und der im Logo abgebildete Mufflon sind weitere Indizien dafür, dass die Geschichte der Attraktion in diesem Teil der Welt ihren Ursprung finden könnte. Und auf der Suche in den Niederungen Wikipedias findet sich ein weiterer interessanter Hinweis:
Die Taronebene wird vom Murat entwässert, der in westlicher Richtung dem Euphrat zufließt. Die zahlreichen Nebenflüsse des Murat und die fruchtbaren vulkanischen Böden des Beckens haben seit jeher für günstige Siedlungsmöglichkeiten gesorgt, was die vielen in der Gegend überlieferten Kultorte erklärt.
Das passt doch wunderbar zum direkt angrenzenden Mysterybereich im Phantasialand! Und wie könnte die Storyline dazu aussehen? Auf der Suche nach Mythen und Legenden aus der Geschichte Tarons im historischen Armenien stößt man auf Folgendes: Der Kultort Aschtischat mit seinen Heiligtümern der Götter, die mit dem Zoroastrismus (eine Religion um den Kampf Gut gegen Böse) verbunden waren, lag im armenischen Kanton Taron. Geschichten dieser Art lassen sich viele finden, wenn man sich mit der Geschichte Tarons von ca. 400 bis 1100 n. Chr. beschäftigt. Dabei sah der Kanton im Laufe der Zeit viele Oberhäupter verschiedenster Clans und Dynastien kommen und gehen – teils aufgrund kriegerischer Auseinandersetzungen. Es gibt also viele Legenden und reale Ereignisse in dieser Region, die durchaus interessante Ansätze für spannende Storylines einer aufregenden Attraktion böten.
Und wie lässt sich diese teils kriegerische Vergangenheit nun mit „Klugheim“ verbinden? Zunächst erscheint das ein wenig weit hergeholt, aber waren es nicht die Klugheimer, die dafür bekannt waren, häufig in kriegerischen Auseinandersetzungen statt anzugreifen, den Rückzug antraten und dabei das Schild auf ihrem Rücken trugen? Nicht zu verwechseln sind die Schildbürger aus Klugheim übrigens mit ihren Namensvettern aus Schilda, die z.B. beim Bau des Rathauses vergaßen Fenster einzubauen. Diese Tatsache ist dem folgenden Textausschnitt aus der Geschichte „Die Schildbürger“ von Julius von Voß zu entnehmen.
Man darf also sehr gespannt sein darauf, was sich dort im Phantasialand so entwickelt und ob all die Spekulationen ein Fünkchen Wahrheit beinhalten.
Bilder © Thomas Ostermann, Phantasialand/Deutsches Patent- und Markenamt, Wikipedia (Jörg Hempel), Dynamic Attractions und books.google.de