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Parkbesucher im Visier, ein Streifzug durch Europa

verfasst von Airtimers VIP

Nirgends auf der Welt ist die Freizeitparkdichte so hoch wie in Europa. Selbst das Freizeitparkparadies U.S.A. hat die meisten größeren Parks mehrere hunderte von Kilometern voneinander entfernt stehen. Und trotzdem könnte der europäische Parkbesucher an sich von Region zu Region nicht unterschiedlicher sein.
Eine leicht augenzwinkernde Analyse der Europäer in Freizeitparks, selbstverständlich mit allen gängigen Vorurteilen und frei von Objektivität.
Es ist natürlich nicht leicht, Abnormalitäten beim Verhalten in Freizeitparks zu beschreiben, denn was ist überhaupt normal? Sind die deutschsprachigen Besucher „normal“? Oder doch eher die Italiener oder Schweden? Da es für diese Frage bestimmt keine richtige Antwort gibt, muss ich wohl alles aus meiner Sicht, der Sicht eines mehr oder weniger unparteiischen Schweizers, kommentieren.

Europäische Parkbesucher, verschiedener als man denkt

Beginnen wir doch gleich mal hoch im Norden. Das Land der tausend Seen, Finnland, hat nicht gerade viele Freizeitparks und diese haben auch noch sehr selten geöffnet. Ist es also mal wieder so weit, dass der Finne sein eingeschneites Mökki frei buddelt, so gegen Anfang Mai, hat er gerade mal bis Ende August Zeit seine Lieblingsparks zu besuchen, bevor der Winter wieder einsetzt. Es ist also mehr als verständlich, dass in den verbleibenden 4 Monaten die Parks förmlich überrannt werden und der skandinavische Korhonen sogar bereit ist, die nicht immer trockenen Wildwasserbahnen zu benutzen. Es stimmt schon, das Sprichwort… Die Spinnen, die Finnen.

Der Finne, temperaturbeständig wie kein Anderer

Eine Halbinsel weiter treffen wir schon auf die nächsten Gattungen: den Schweden und den Dänen. Wenn es um Parkbesuche geht haben die Beiden einiges gemeinsam und zudem haben sie noch die reifeste Erfahrung, stehen in Kopenhagen doch mit Tivoli und Bakken zwei der ältesten Parks weltweit. Wir haben es hier sozusagen mit den prähistorischen Urzeit-Besucher zu tun. Komisch, dass genau dieser Besucher den Freizeitpark nicht als solchen ansieht, sondern eher als Ausgeh- und Partymeile und diese dementsprechend meist nicht vor 12 Uhr Mittag öffnen. Da ist es kein Wunder, dass zwanzigtausend, die Jogginghose auf einer Seite in die Socke gesteckten, Menschen vor einer Bühne stehen und einem uns unbekannten Musiker zujubeln oder die dutzenden Verpflegungsmöglichkeiten für Kaffee überrennen, wo doch nebenan eine der besten Achterbahnen Europas nur mit halbvollen Zügen fährt. Mir kann’s recht sein, bleibt mehr Zeit für das wirklich wichtige im Leben, das Coastern!

Die skandinavischen Parks zeigen meist erst nachts ihre wahre Schönheit

Wir führen unser Insel-Hopping weiter und landen bei den Insulanern schlechthin, den Briten. Hier hat sich durch jahrelange Isolation eine ganz besondere Spezies des Parkbesuchers entwickelt. Eine, die sich vor allem durch ihren fehlenden Modegeschmack auszeichnet. Zwischen all den neonfarben gekleideten Damen und den, dank den Segelohren fast wegfliegenden Herren , die ihrer Kleidung nach zu beurteilen nach dem Fitnessstudio direkt in den Freizeitpark gegangen sind, fällt man als „normal“ angezogener Mitteleuropäer zwangsläufig durch Unauffälligkeit auf. Aber unter uns, lieber so gekleidet, als gar nicht, denn die Insulaner sind wiederholt Weltrekordhalter im nackt Achterbahn fahren. Doch der Brite ist hart im Nehmen. Er fährt bei stärkstem Regen noch die nassesten Fahrgeschäfte und stellt sich ohne zu meckern in eine kilometerlange Warteschlage, welche durch diverse Schnellzugangstickets noch zäher fliesst als sonst schon. Doch seine liebste Beschäftigung ist das stundenlange Spielen in den Low-Budget Casinos und Spielhallen, die schon bald jeder Park besitzen wird, was aber auch verständlich ist, irgendwie muss er sich ja von dem sehr „eigenartigen“ Essen auf der Insel ablenken.

Geschmack ist definitiv Geschmacksache, ein Beispiel aus Blackpool, England

Wie sieht es denn im Süden aus, bei den Ragazzis in Italien und den Amigos in Spanien? Man sagt ihnen nach, sie seien die Angsthasen in Europa, wenn es um die spektakulären Achterbahnen geht. Und was soll ich sagen, es stimmt! Der Park kann noch so voll sein, vor der Megaachterbahn, welche der einzige Grund für uns Fanatiker ist, überhaupt den Park zu besuchen, steht keine Menschenseele an. Die Mutigen unter ihnen trauen sich für eine Fahrt drauf, aber das muss reichen, denn um den Weibchen zu imponieren gibt es ja immer noch die zahlreichen, ach was, zahllosen Spielbuden mit unglaublich schlechten Gewinnchancen. Noch eine Eigenheit, vor allem bei den Spaniern, ist die unglaubliche Gelassenheit, nach dem Motto, was ich heute nicht schaff, mach ich dann morgen (nicht). So wundert es auch nicht im Geringsten, dass der Park, obwohl er erst um elf, manchmal auch erst um 14 Uhr, öffnet, die ersten beiden Stunden wie leergefegt wirkt, man geht es einfach viel gemütlicher an.

Lieber noch mal zuschauen, der Südländer muss nicht immer der erste sein

Nicht zu vergessen, wenn es um Freizeitparks geht, wären die Einwohner des Epizentrums der götterfunkelnden Union, die Beneluxer. Gerüchten zufolge muss jeder Niederländer, wenn er nicht gerade mit seinem Caravan ganz Europa unsicher macht, mindestens einmal im Leben den heiligen Boden von De Efteling betreten haben. In Ausnahmefällen kann man das Campen auf dem Hauptparkplatz auch gelten lassen. Was diese beiden Nationen aber von allen anderen abhebt, ist die sehr, nennen wir es interessante, Essgewohnheit welche von gewöhnungsbedürftigen, frittierten Undefinierbarkeiten bis hin zu frittierten, in Sauce ersäuften, Pommes wirklich alles Denk- und Undenkbare abdeckt. Die monarchische Krönung ist dann noch, dass der Beneluxer dieses Essen nicht wie jeder andere Europäer an einem Verkaufstresen bestellt, sondern es selbständig aus einem der zahllosen Wandautomaten bezieht.

Ein Einwohner der BeNeLux-Staaten

Wir kommen bald zu einem Ende, aber ein paar Arten seien mir noch gestattet. Der Franzose. Ja, da rutscht dem professionellen Parkbesucher ein Raunen über die Lippen, denn er ist schwierig, vor allem für Nicht-Franzosen. Untereinander, das bedeutet französische Reisegruppen, in französischen Parks, bei französischer Arbeitsmoral der Parkmitarbeiter ist es eine friedliche Symbiose, ganz abgesehen von ein paar belanglosen Schlägereien. Doch kommt eine andere Nationalität ins Spiel, oh mon dieu, rette sich wer kann! Der Eisverkäufer, der vor wenigen Minuten noch mit seinen Englischkenntnissen vor den Kollegen geprahlt hat, spricht plötzlich nur noch nuschelndes Dialektfranzösisch. Die Besucher sehen einen als Fremdkörper an und die Kreditkarte wird prinzipiell nicht angenommen, da das Gerät durch mysteriöse Weise vor wenigen Sekunden kaputt ging. Ja, die Franzosen, am besten man lässt sie unter sich.

Franzosen unter sich, hier im Parc Asterix

Aber wie verhalten wir uns, die Ösis und Schweizer? Das sind doch die armen Schweine im Bunde. Im eigenen Land kein ansatzweise vernünftiger Park und ständig gezwungen mit einem freundlichen Lächeln als Tarnung in andere Länder zu fahren, über die sich jeder andere Landsmann aufgrund eines patriotischen Größenwahnsinns nur Witze macht und sich fern hält. Aber wir lassen niemanden anmerken, dass wir neidisch auf Bahnen wie Silverstar und Katun sind. Im schlimmsten Fall schwärmen wir halt von einem langweiligen Bummelzug mit Discounter Thematisierung im Prater, oder von der russischen, jahrelang ausgereiften Qualitätsarbeit im Conny-Land.

Ein weltbekanntes Riesenrad ist nun mal kein B&M-Coaster, ärgert sich der Österreicher

Ja, wer fehlt nun noch? Wie wär es mit dem Deutschen? Recht, Ordnung und deutsche Gründlichkeit sind die Devise und das gilt auch im Freizeitpark. Wenn der Park um neun öffnet, ist man um acht vor Ort, selbst wenn man dafür um drei Uhr morgens aufstehen muss. Doch man bezahlt ja für den ganzen Tag, da will man ihn auch ausnutzen. Der Eintrittspreis, prinzipiell zu teuer, wird direkt aus dem Sparschwein gezahlt, denn heute lässt er es sich gut gehen und haut so richtig auf die Pauke, natürlich nicht ohne nach einem Spezialtarif zu fragen. Ist er mal im Park wird systematisch jede Bahn gefahren, man darf ja nichts verpassen, man hat ja bezahlt und Gnade dem, der sich für einige Euro extra ein Schnellticket gekauft hat. Er kann nur noch hoffen, dass Blicke nicht töten können. Ist dann Mittagspause wird eine gemütliche Parkbank gesucht und man packt die belegten Brote von zuhause aus und da man es sich ja gut gehen lassen will, kauft man eben noch en Nachtisch dazu. Wie der restliche Tag verläuft, ist kein Geheimnis mehr, Pünktlich um 18 Uhr, wenn der Park schliesst, schreitet er mit einem zufriedenen Lächeln durch den Ausgang, diese Übung wurde erfolgreich absolviert!

Des Deutschen größter Alptraum, Menschenmassen

Der Deutsche wäre ein wunderbarer Schlusspunkt, doch es gibt noch eine Randgruppe, die sich in ganz Europa angesiedelt hat, der klassische Freizeitparkfan. Trotz kultureller Unterschiede verhält er sich in ganz Europa gleich. Ein Parkfan drückt in seinem Lieblingspark jedes interaktive Knöpfchen, nur um zu zeigen, dass er ganz genau weiss was passiert, unterhält sich in der Warteschlange ungewöhnlich laut, damit auch jeder mitbekommt, dass hier ein Experte steht und sitzt in der Achterbahn, in der Bötchenfahrt und selbst im Restaurant immer an seinem Platz, ohne Kompromiss! Er versucht den Zuckerwattenverkäufer mit 5 Euro extra für einen Neuigkeit zu bestechen, rühmt sich damit, der Erste gewesen zu sein, der eine bestimmte Attraktion als erster genutzt hat und wenn das nicht geklappt hat versucht er wenigstens, der Letzte zu sein. Doch das Kurioseste was ein Freizeitparkfan macht, ist eindeutig das Zählen von gefahrenen Achterbahnen. Verrückt, nicht?

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