Das Thema Wing Coaster hat die Achterbahnwelt in den letzten Jahren deutlich bestimmt. Der schweizer Hersteller B&M hat mehrere seiner Exemplare weltweit verkauft, teils sind es neue Signature Rides wie GateKeeper in Cedar Point geworden, andere Anlagen wurden auch nach Europa verkauft. Im letzten Jahr durften dann auch die ersten deutschen Gäste in den Genuss des Flug der Dämonen kommen: Der Heide Park bestellte ebenfalls den Coaster mit den Sitzen neben der Schiene.
Vor dieser rasanten Entwicklung sah es mit Wing Coastern aber eher mau aus.
Alles fing mit dem spanischen Park PortAventura an, welcher 2005 seine neue Achterbahn – zufälligerweise die schnellste Europas – ankündigte. Recht ungewöhnlicherweise wählte man den Platz, angrenzend an die mediterrane Main Street, welcher außerhalb der Park-Öffnung und –Schließung wenig frequentiert ist. Hier sollte die Neuheit also entstehen, Furius Baco.
Bei den Fans wurden schon bei den ersten Konzeptzeichnungen kritische Stimmen laut, denn der Coastertyp war den Meisten sehr wohl bekannt, wozu in Spanien ein bedeutendes Feature gleichzeitig fehlen sollte. An für sich ist der Wing Coaster keine Neuerfindung, die Idee wurde als 4D-Coaster ohne Rotation der Sitze empfunden. Und das klingt erst einmal nach weniger Spaß.
Mit den heutigen Anlagen von B&M hat Furius Baco dann relativ wenig gemeinsam. Der Ride liegt etwas erhöht, um die Station herum ließ man ein Weingut entstehen, im Inneren des Wartebereichs kann man ein paar Geräte zur Herstellung des Weins begutachten, die eigentliche Station wurde mit Holzfässern dekoriert. Dazu ist die Story mit einem verrückten und ungeduldigen Professor verknüpft, welcher die Weinfässer so schnell wie möglich transportieren möchte. Glücklicherweise darf man auf dem 135 km/h schnellen Gerät mitfahren.
Leider hat man es nicht so bequem wie der Wein, denn die Sitze sind bekannterweise neben der Schiene montiert, was zur Folge hat, dass der Zug und dessen Insassen unter Schwingungen leiden, gepaart mit der generell fraglichen Verarbeitung ufert das zu handfesten Schlägen aus. Die Fahrt ist in jeder Hinsicht nicht zu unterschätzen. Der Hydralik-Launch beschleunigt die Fahrgäste innerhalb von Sekunden auf 135 km/h und ist dabei durch die Länge sehr kraftvoll, sowie durch die Sitzposition extrem thrillig. Die darauf folgende Senke ist für Launchcoaster untypisch und das bodennahe Layout mit den wuchtigen Zügen durchaus interessant. Gegen Ende der Fahrt darf man dank der fehlenden Herzlinie noch eine kraftvolle Begegnung mit dem Inline-Twist machen und mit einer weiten Kurve über den See des Parks greifen auch schon wieder die Bremsen.
Abgesehen von den rabiaten Fahreigenschaften eigentlich eine ziemlich gute und außergewöhnliche Bahn. Leider konnte dieses Konzept keinen anderen Park überzeugen, auch aufgrund der enormen Wartungskosten. Erst B&M konnte den Typus marktreif entwickeln und die Firma, welche generell für einen exzellenten Komfort bekannt ist hatte auch die unangenehme Fahrt in den Griff bekommen. Dabei sitzen die Gäste auch etwas tiefer als bei Intamin, also wirklich neben der Schiene und nicht auf der Höhe wie die äußeren Sitze eines Divecoasters. Ein Kettenlift und mehr Inversionen bestimmen die Layouts, einzig und allein der Inline Twist scheint neben dem eigentlichen Grundkonzept die größte gemeinsame Parallele zu sein.Doch auch B&M scheint erkannt zu haben, wie sehr sich der Typ Wingcoaster für einen Launch eignet und baut für diese Saison den neuen Thunderbird in Holiday World, welcher mittels LSM seine Höchstgeschwindigkeit erreicht. Trotzdem hoffen wir, dass Intamin seinen Prototypen eventuell weiter entwickelt und noch ein paar seiner Wing Coaster verkaufen wird.
Pictures Copyright: PortAventura