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Ingenieurbüro Stengel – Das Interview mit Firmenleiter Andreas Wild

verfasst von Airtimers VIP

Airtimers: Erzählen Sie uns ein wenig über die Arbeit als Leiter des Ingenieurbüro Stengel.
Andreas Wild: “Meine Tätigkeit unterscheidet sich im Prinzip nicht so sehr von der in anderer Firmen. Es gibt wiederkehrende „Daily Operations“ wie den jeweiligen Projekt-Status zu überprüfen und mit den Zielvorgaben zu vergleichen. Aber auch alles was mit kaufmännischen Dingen zu tun hat. Kundensupport wird groß geschrieben, durchaus auch abends, am Wochenende und im Urlaub.”

Airtimers: Was unterscheidet das Ingenieurbüro Stengel von einem herkömmlichen Ingenieurbüro?
Andreas Wild: “Im Prinzip unterscheiden wir uns auf den ersten Blick gar nicht so groß von anderen technischen Büros. Wir kämpfen mit ähnlichen Problemen und bekommen selten Lob. Natürlich macht unsere Arbeit mehr Spaß, man kann sozusagen das Produkt seiner Arbeit ausprobieren. Anderen Menschen mit seiner eigenen Leistung Freude zu bereiten ist ein tolles Gefühl.”

Airtimers: Sind sie ein Statiker, der Achterbahnen berechnet, oder ein Achterbahnliebhaber, der sie statisch berechnet?
Andreas Wild: “Gute Frage. Ich denke beides. Auf der einen Seite darf man sich nicht zu sehr von seiner Liebe ablenken lassen, auf der anderen Seite tut man manchmal gut daran, seine Arbeit als nüchterner Realist zu betrachten.”

Andreas Wild ist Leiter des Ingenieurbüro Stengel

Airtimers: Wie entsteht ein neues Projekt? Ist es ein gemeinsamer Prozess in dem Alle mitwirken?
Andreas Wild: “Am Anfang steht der Wunsch des Parks nach einer neuen Attraktion. Es gibt Anlagen bei denen mit dem Betreiber schon zu Beginn zusammengearbeitet wird. Wir hören uns an was er realisieren will und finden mit ihm eine machbare Lösung. Es ist aber auch so, dass unsere Kunden, also die Hersteller und deren Vertrieb, teilweise über Monate hinweg, immer wieder mit dem Endkunden zusammenkommen um eine Lösung zu finden. Dies ist oft sehr mühsam und aufwändig und leider ist das Budget meist der limitierende Faktor. Erst wenn eine allgemeine Übereinkunft erzielt ist, können wir mit unserer eigentlichen Arbeit beginnen.”

Airtimers: Besteht da bei der Berechnung überhaupt noch Spielraum für eigene Kreativität und Ideen?
Andreas Wild: “Ja natürlich. Sowohl bei der Auslegung der Fahrbahngeometrie als auch der Stützenstellungen haben wir Freiheiten, soweit diese nicht durch äußere Umstände, wie z.B. Gebäude, Fahrwege, Wasser- und Elektroleitungen, oder Höhenbeschränkungen eingeschränkt sind.”

Airtimers: Gibt es Projekte die am meisten Freude machen?
Andreas Wild: “Wenn man schon von Anfang an weiß, hier entsteht etwas Besonderes und viele Menschen werden hieran bestimmt Freude finden. Vor allem aber, wenn wir unserer Kreativität freien Lauf lassen dürfen. Für das Wohlfühlgefühl sind aber auch zuverlässige Kunden wichtig und etwas mehr Zeit als gewöhnlich.”

Das Team rund um Achterbahnguru Werner Stengel

Airtimers: Ist Innovation bei der Konstruktion von Achterbahnen noch möglich? Steht man nicht unter Leistungsdruck, um die Bahnen immer spektakulärer zu konstruieren?
Andreas Wild: “Ja, da ist Druck, keine Frage. Es wäre uns auch lieber, wenn nicht nur immer die, oft genug fragwürdigen, Rekorde zählen würden. Aber mit denen lässt sich eine Attraktion besser vermarkten, sagt man uns. Man muss sich die Zeit für Innovationen nehmen. Diese finden oft, für den Betrachter fast unsichtbar, im Kleinen statt. Innovationen was die Fahrfiguren und Fahrelemente anbelangt sind eher selten. Wir haben da noch ein paar Ideen, aber dazu möchte ich jetzt nichts weiter sagen.”

Airtimers: Wie viele Monate Konstruktionszeit stecken hinter einer Bahn?
Andreas Wild: “Die Gesamtdauer bei der Projektierung für uns liegt je nach Achterbahntyp zwischen 2 und 6 Monaten. Holzachterbahnen sind am Zeitaufwändigsten, da so viele Einzelteile zu berechnen und zu zeichnen sind.”

Airtimers: Theming wird ja immer wichtiger, könnte das ihre Arbeit beeinflussen?
Andreas Wild: “Das Theming bestimmt bereits unsere Arbeiten! Oft genug werden Gebäude gebaut in denen die Achterbahn dann eingepasst, oft eingepresst werden muss. Dabei können leider auch schlechtere Fahrabschnitte entstehen, da man gezwungen ist, bestimmte geometrische Vorgaben einzuhalten. Generell kann man aber durch ein interessantes Theming eine ansonsten eher unscheinbare Attraktion ganz gewaltig „aufhübschen“. Teilweise gelingt das außerordentlich gut. Wichtig ist für den Park, dass es den Passagieren gefällt und diese wieder kommen.”

Airtimers: Welches Projekt hat Sie am meisten gefordert?
Andreas Wild: “Ich denke das war die erste Holzachterbahn mit einer vorgefertigten Fahrschiene im Heide-Park, also „Colossos“. Alleine durch Zeitdruck, Umfang, neues Patent. Wir mussten in kürzester Zeit über 1.000 Fertigungszeichnungen erstellen. Ansonsten fordern uns meist die Terminpläne der Architekten.”

“Durch Zeitdruck mussten in kürzester Zeit Fertigungszeichnungen erstellt werden”

Airtimers: Bei voller Auslastung, wie viele Projekte könnt ihr über das Jahr gesehen realisieren?
Andreas Wild: “Das kommt auf die Art der Achterbahnen an, aber das können schon so 11 bis 12 Stück im Jahr sein.”

Airtimers: Wie viele Mitarbeiter zählt das Ingenieurbüro Stengel zur Zeit?
Andreas Wild: “Zurzeit haben wir 9 festangestellte Ingenieure. Für die ist allerdings der Auslastungsgrad zu hoch, so dass wir dringend neue Mitarbeiter suchen. Wir wollen wachsen.”

Airtimers: Testen die Mitarbeiter alle entworfenen Bahnen? Denn dann melden wir uns freiwillig.
Andreas Wild: “Das würden unsere Mitarbeiter sicherlich sehr gerne machen! Nein, leider ist es uns nur sehr selten möglich die entworfenen Bahnen vor Eröffnung zu testen. Heute werden die Achterbahnen nicht mehr im Hof des Herstellers vormontiert und Probe gefahren. Heute wird ein Teil hier, ein anderer dort hergestellt, dann einzeln auf die Baustelle gebracht und dort zusammengebaut und das weltweit. Durch die weiten Reisen hätten wir zu wenig Zeit für unsere eigentliche Arbeit. Leider, wir würden das sonst gerne tun. Eine Anwesenheitspflicht vor Ort ist für uns meist nicht nötig.”

Airtimers: Welche Vorraussetzungen müssen erfüllt werden, um Achterbahndesigner zu werden?
Andreas Wild: “Ich würde sagen ein abgeschlossenes technisches Studium ist eine zwingende Voraussetzung. Am besten natürlich ein Ingenieurstudium (Dipl.-Ing. oder Master) des Bauingenieurwesens oder des Maschinenbaus. Gerade für Bauingenieure ist unsere Arbeit sehr interessant, da das Wissen fast aller Bereiche benötigt wird.Von Grundbau über Fördertechnik bis hin zu Stahlbau und Fahrzeugbau.”

“Mitarbeiter werden immer gesucht. Wir wollen wachsen”

Airtimers: Ist NoLimits dabei überhaupt ein Faktor?
Andreas Wild: “NoLimits wird eigentlich nicht für die Planung eingesetzt. Das Programm ist allerdings sehr gut, wenn es darum geht z.B. jemanden unsere fahrdynamischen Berechnungen am Modell visuell zu zeigen. Oft hat man es mit weniger technisch ausgebildeten Menschen zu tun, da helfen die Visualisierungen.”

Airtimers: Haben Sie entsprechende Lieblingsbahnen und Lieblingsbahntypen?
Andreas Wild: “Definitiv. Ich persönlich mag besonders abwechslungsreiche Achterbahnen, mit sehr vielen Geschwindigkeits- und Richtungswechsel. Überkopffahrten müssten dabei nicht unbedingt sein. Meine Lieblingsbahnen sind, wenngleich ich zugeben muss, längst nicht so viele Achterbahnen gefahren zu sein wie ich möchte, die „Expedition GeForce“ im Holiday Park, Hassloch und als Vertreter der Holzachterbahnen den „Colossos“ im Heide-Park, Soltau. Beide in Deutschland. Auch „Stealth“ im Thorpe Park finde ich gut. Kurz und knackig! Nicht so gerne fahre ich Inverted oder Suspended Coaster. Die Sicht auf den Fahrbahnverlauf ist teilweise sehr eingeschränkt. Außer natürlich auf meinem generellen Lieblingsplatz in der ersten Reihe.”

Airtimers: Die perfekte Achterbahn. Wie sieht die aus?
Andreas Wild: “Eine sehr schwierige Frage. Ich denke die perfekte Achterbahn gibt es nicht. Sie kann vielleicht für den Einzelnen, zu einem bestimmten Augenblick und zu einer bestimmten Situation, perfekt sein, aber sicherlich nicht für Jeden zu jedem Zeitpunkt. Es gibt weltweit sehr viel gute Achterbahnen. Da ist sicherlich für jeden ein persönlicher Favorit dabei.”

Airtimers: Die Frage aller Fragen: Sind Sie ein Floating oder Ejecting Airtimer?
Andreas Wild: “Definitiv ein floating!”

Dieser Artikel wurde zuerst in unserem RideOn! Magazin 02/2012 veröffentlicht.

Airtimers.com bedankt sich herzlichsts für das Interview!

Bilder bereitgestellt von Ingenieurbüro Stengel

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Airtimers VIP

5 Kommentare

  • Er ist mein gröööööößtes vorbild mit herrn dr.Werner Stengel natürlich ich möchte später mal bei im arbeiten halte mit ihm jetzt sogar schon einen leichten Kontagt ich habe alles genau geplant!!!

  • @leon wie bist du zu dem kontakt gekommen?;)

    für mich sit es auch ein traum später mal als ingenier bei werner stengel zu arbeiten aber ich glaube das wird immer ein traum bleiben;)

  • ich bin auf seiner internetseite gewesen und dort gab es eine stellenanzeige dort habe ich dann mit meinen eltern eine richte “stellenmappe” gemacht ich bin zwar erst 11 aber ich habe jetzt aber schon alles geplant!