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Freizeitpark Wissen Extrem – Wer ist eigentlich Gary Goddard?

verfasst von Duffy

Jeder der sich mit Freizeitparks beschäftigt, dürfte bereits das eine oder andere mal über den Namen Gary Goddard gestolpert sein. Gerade jetzt wo sich der Fokus der Branche nach Asien richtet, beinahe im Wochentakt millionenschwere Projekt angekündigt werden und eine beeindruckende Konzeptzeichnung die nächste jagt, rücken westliche Designfirmen wie die Goddard Group immer wieder ins Zentrum der Nachrichten. Und mal ehrlich: Ohne die Beteiligung von Gary Goddard hätten wir zum Beispiel die vor kurzem vorgestellte Magic World Russia nicht im Ansatz ernst genommen und noch nicht einmal darüber berichtet. Aber wer ist nun eigentlich dieser Gary Goddard?

Six Flags Dubailand, UAE

Alle Kinder lieben Disneyland. Das war auch schon zu Zeiten der Eröffnung des ersten Disneyland Resorts nicht anders. Für den 1954 in Blythe, Kalifornien geborenen Gary Goddard gehörten Ausflüge nach Anaheim zur Tagesordnung und über die Jahre entwickelte er ein tiefe Faszination für Themen- und Freizeitparks. Seine zweite große Leidenschaft galt dem Theater. Erste Erfahrungen mit dem schreiben von Drehbüchern sammelte er bereits auf der High School, wo er bei den Schulaufführungen auch gleich die Regie übernahm. Da wundert es wohl niemanden, dass er nach seinem Schulabschluss auf das California Institute of Arts wechselte. Immerhin wurde dieses ja mit der Hilfe von Walt Disney gegründet.

Hersheys Great American Chocolate Tour, Hershey

1974 hatte Gary sein Studium mit den Schwerpunkten Film und Theater in der Tasche und er war bereit für die große weite Welt. Und wie der Zufall es wollte, war die Welt wohl anscheinend auch bereit für Gary Goddard. So kam es, dass ihn Walt Disney World vom Fleck weg engagierte um mit Larry Bullmann an einer neuen Dinner-Show zu arbeiten. Eigentlich hätte die Hoop-Dee-Doo Musical Revue nur für einen Sommer laufen sollen, aber die Show entpuppte sich als Riesenhit und wird bis heute in Disney’s Fort Wilderness Camping Resort aufgeführt. Gary dürfte an diesem unerwarteten Erfolg nicht ganz unschuldig gewesen sein. Ansonsten hätte ihm wohl kaum die Disney Legende Marc Davis persönlich eine feste Stelle bei Disney Imagineering angeboten.

Spider-Man, Islands of Adventure

Ganz klar, diesen Job lehnt man nicht ab. Ein Happy End für Gary? Nein. Überraschenderweise kündigte er nach nur drei Jahren bei Disney, packte noch ein paar kreative Kollegen ein und gründete mit Gary Goddard Productions seine erst eigene Firma. Der Anfang seiner Selbstständigkeit verlief zwar etwas schleppend, aber dank seiner Reputation konnte er nach und nach einige Aufträge an Land ziehen. Am bekanntesten ist aus dieser frühen Schaffenszeit wohl Monster Plantation im Six Flags over Georgia. Der Familien Dark-Ride wurde erst 2009 von Gary erneut überarbeitet, in Monster Mansion umbenannt und bietet mehr 4D Effekte als jede andere Attraktion weltweit.

Glow in the Dark Parade, Six Flags

Der große Durchbruch kam 1982. Gary wurde von den Universal Studios Hollywood als Consultant für die gerade eröffnete Dracula Show hinzugezogen und tat das, was wohl niemand von ihm erwartet hätte: Er erklärte den Studiobossen ohne Umschweife, dass die Show der letzte Dreck sei und in den Müll gehöre. Nach dem die Anwesenden den Schlag verdaut hatten, wurde Gary als Autor und Regisseur für eine neue Show angeheuert. Eine gute Entscheidung – Denn mit ihrer Kombination aus Live-Action und Spezial Effekten setzte „Conan: A Sword and Sorcery Spectacular“ neue Maßstäbe. Rückblickend kann die Stunt Show als der Wegbereiter der modernen Themenpark Shows betrachtet werden.

Jurassic Park The Ride, Univeral Studios

Für Gary Goddard und Universal war dies der Beginn einer langen und erfolgreichen Zusammenarbeit. Die inzwischen selbstsicher in Landmark Entertainment Group umbenannte Design Firma lieferte Geniestreich um Geniestreich ab. Darunter „T2 3-D: Battle Across Time“, „Jurassic Park The Ride“, „Star Trek: The Experience“ in Las Vegas und natürlich „The Amazing Adventures of Spider-Man“ in den Islands of Adventure. Letzterer wird von vielen Freizeitpark Fans noch immer als bester Dark-Ride aller Zeiten gefeiert. Und das zu Recht. Bei keiner anderen Attraktion verschmelzen die Grenzen zwischen projizierten 3D Filmen und realen Spezial Effekten glaubwürdiger.

Terminator 2 3-D, Univeral Studios

Aber auch abseits der Freizeitindustrie dürfte der eine oder andere schon einmal unbewusst über Goddards kreative Auswüchse gestolpert sein. Erinnert sich noch jemand an Captain Power? Die in 80 Jahren recht erfolgreiche TV Serie stammte komplett aus seiner Feder und beeindruckte durch den Einsatz, damals moderner CGI Techniken und der für eine Kinderserie ungewohnt komplexen und durchgehenden Handlung. Die dazugehörigen, von Mattel produzierten Action-Figuren durften in keinem Kinderzimmer fehlen und verkauften sich wie warme Brötchen. Das Mattel trotz der hohen Einschaltquoten nach nur zwei Staffeln den Geldhahn zudrehte sorgt bis heute für Kopfschütteln.

Cloud Lake Resort, China

Nicht minder beliebt waren die damals ebenfalls von Mattel hergestellten Masters of the Universe Action-Figuren. Das Gary Goddard bei der trashigen Realverfilmung mit Dolph Lungern in der Hauptrolle Regie führte, soll ihm inzwischen verziehen sein, könnte aber erklären weshalb er nie mehr wieder an einer großen Hollywood Produktion beteiligt war. Aber wenn nicht Hollywood dann eben der Broadway. Dort konnte er seit 1987 einige Erfolge als Produzent verbuchen. Am bekanntesten dürfte darunter die die mit einem Tony Award ausgezeichnete Neuinterpretation des Hippie Musicals Hair sein. 2002 ließ Gary die Landmark Entertainment Group hinter sich und gründete die Goddard Group.

Hallyu Dreampark, Süd Korea

Um pro Jahr bis zu sechs Projekte in allen Größenordnungen bewältigen zu können, hat Gary über die Jahre einen bunten Haufen voller Träumer, Schriftsteller, Illustratoren und Modellbauer um sich geschart. Die Zeiten als sein Team 400 Kopf hoch war sind jedoch seit der Goddard Group Gründung vorbei. Heute bevorzugt er kleinere Teams, so kann er sich wieder mehr auf seine eigenen Projekte konzentrieren und muss nicht ständig dafür sorgen das auch ja jeder eine Beschäftigung hat. Seine Mitarbeiter schätzen dagegen die Vielfalt der Projekte. In einem Monat können sie an einem Hotel arbeiten und im nächsten an einer Shopping-Mall, einem Casino, einem Themenpark, oder einem Wasserpark.

M&Ms World, Las Vegas

Den Großteil seiner aktuellen Aufträge erhält der siebenfache THEA (Themed Entertainment Awards) Gewinner aus Asien. Speziell China und Macao sind was die geplanten Bauvorhaben angeht fast nicht zu toppen. Der Markt in den USA scheint dagegen bereits mit Themenparks und Resorts übersättigt zu sein. Seine anfängliche Ehrlichkeit, die ihm 1982 den Auftrag von Universal einbrachte, hat er bis heute nicht aufgegeben. Allen potentiellen chinesischen Kunden erklärt er gleich beim ersten Gespräch, dass 90 Prozent aller von chinesischen Firmen gebauten Themenparks in China gegen die Wand fahren. Nicht wenige dürften die Gespräche kurz danach abgebrochen haben.

Looney Tunes Traveling Carnival, China

Laut Gary liegt das Problem teilweise darin, dass es die meisten Asiaten gewohnt sind billig zu bauen. Ein großer Teil will einfach mal schnell einen berühmten westlichen kopieren, auch wenn sie nicht über genügend Geld verfügen. Wie vielen potentiellen Kunden er in den letzten 15 Jahren eine Disneyland oder Universal Kopie ausgeredet hat, kann er nicht sagen. Aber eine Kopie kann einfach niemals so gut sein wie das Original. Erfolgreich ist nur, wer etwas originelles und neues bietet. Und genau darin liegt Garys große Stärke. In den letzten vier Jahrzehnten hat der inzwischen 57 jährige die Freizeitpark-Landschaft, dank seiner unbändigen Kreativität und Vorstellungskraft für immer verändert.

Lotte World Renovierung, Süd Korea

Wann immer bei einer Ankündigung der Name Gary Goddard fällt, sollte man diese etwas genauer betrachten – Auch wenn sie noch so unrealistisch klingt. Hier könnte etwas einzigartiges auf einen zukommen. Magic Word Russia, wir behalten dich im Auge!

über den Autor

Duffy

9 Kommentare

  • Super Artikel! Als ich die Überschrift gelesen hab, dachte ich sofort „Ist das der ‚Masters of the Universe‘-Goddard?“

    Nette Info am Rande:
    Die Serie „Captain Power and the Soldiers of the Future“ stammt aus der Feder eines damals jungen Autors, der damals unter anderem einige Folgen der „He-Man“- und „She-Ra“-Zeichentrickserie schrieb: Joseph Michael Straczynski, heute besser bekannt als der Schöpfer der grandiosen SF-Serie „Babylon 5“.

  • Boah, das ich mal deinen Geschmack getroffen habe Val 🙂

    Stimmt natürlich, Straczynski hat auch ein paar Folgen für Captain Power geschrieben. Und ich hab mir noch überlegt ob ichs erwähnen soll 😉