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Anton Schwarzkopf – Ein Leben wie eine Achterbahn

verfasst von sofabesetzer

Wenn es Menschen gibt, denen man für ihre Leistungen rund um das Thema Achterbahnen Dank und Respekt entgegen bringen sollte, dann gehört der am 8. Juli 1927 in Behlingen, Schwaben geborene Anton Schwarzkopf mit großer Sicherheit dazu. Schon als kleiner Junge war er von der Welt der Schausteller und ihrer Vergnügungsgeschäfte fasziniert, was daran gelegen haben mag, dass sein Vater sich in seinem Stellmacherbetrieb um die Wohnwagen eben dieser Berufsgruppe kümmerte. Zu diesem frühen Zeitpunkt konnte aber sicherlich noch niemand ahnen, dass der kleine Anton wie kein Zweiter die internationale Achterbahn-Welt revolutioniren würde, indem er die erste reine Stahlachterbahn konstruierte, und auch eine Lösung zum risikofreien befahren eines Loopings fand. Bleiben wir aber zunächst in den frühen 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in denen sich ein weiterer wichtiger Schritt im Leben des Anton Schwarzkopf ereignete. Zu dieser Zeit begann die Firma Schwarzkopf GmbH nämlich damit, Umbauten an Achterbahnen und Fahrgeschäften anderer Hersteller auszuführen.

Anton Schwarzkopf vor einer seiner Biegemaschinen

Bereits im Jahre 1955 bekam die Schwarzkopf GmbH vom damaligen Schausteller und späteren Besitzer des Phantasialands in Brühl bei Köln Herrn Gottlieb Löffelhardt den Auftrag zur Konstruktion der ersten eigenen Achterbahn. Also stürzten sich Anton Schwarzkopf und sein Team mit viel Elan und Fleiß in die neue Aufgabe und präsentierten 1957 mit der “Düsenspirale” ihre erste komplett selbst entworfene Anlage. Diese nach heutigen Gesichtspunkten als klobig und schwer zu bezeichnende Bahn war für den Einsatz auf Volksfesten vorgesehen und daher (bedingt) transportabel ausgelegt. 24 Mitfahrer konnten sich in sechs Wagen gleichzeitig mit bis zu 40 km/h über die Strecke jagen lassen. Eine schöne Anekdote am Rande ist, dass Franz, der Bruder von Anton Schwarzkopf, als Aufbauhelfer der Düsenspirale durch die Lande zog und jenen durch sein ständiges Genörgel, wie schwer es doch sei, diese Bahn zu transportieren und aufzubauen. dazu gebracht hat, sich Jahre später auch der Lösung dieses Problems anzunehmen. Es war in dieser Zeit normal und unerlässlich, eine große Anzahl von Stützen für die zum Teil Tonnen schweren Schienenteile zu verbauen, was gerade bei mobilen Anlagen zu größeren Problemen führte. Die einzelnen Segmente einer solchen Bahn wurden damals mit unzähligen Schrauben und Muttern miteinander verbunden, was natürlich eine schweißtreibende und zeitaufwändige Arbeit war. Schwarzkopf hatte aber schon bald eine Lösung für seinen Bruder und alle anderen leidgeprüften Schausteller parat, indem er das “Konus-Stecksystem” der Öffentlichkeit präsentierte. Wie der Name schon sagt, war es mit diesem System möglich, die einzelnen Segmente des Schienenstranges ineinander zu stecken, und auch das mühsame Verschrauben wurde mit dem Konus-Stecksystem umgangen, da es nun genügte, die gesteckten Teile mit Bolzen und Splinten zu sichern. Das Gewicht einer Anlage konnte nun soweit verringert werden, dass deutlich weniger Stützen benötigt wurden, was eine deutliche Vereinfachung des Aufbaues mobiler Anlagen bedeutete.

Anton Schwarzkopf lies es sich fast nie nehmen seine eigenen Bahnen zu testen.

Kommen wir aber nochmal zu den früheren Jahren der Firma Schwarzkopf zurück, und betrachten, was in den Jahren nach der Düsenspirale passierte. Neue Bahnen und neue Aufträge standen der Firma ins Haus, und führten mit der Produktion der legendären “Wildcat” zum endgültigen Durchbruch von Anton Schwarzkopf und seiner Firma. Diese Bahn, die von Schippers van der Ville bestellt wurde, war die erste Achterbahn der Welt, die vollständig in Stahlbauweise errichtet wurde, und somit diesem Werkstoff endgültig seinen Siegeszug im Achterbahnbau ermöglichte. Die Bahn erinnert im Groben an die heutigen, beliebten Wilde Maus Achterbahnen, die in vielen Freizeitparks beheimatet sind. Nach diesem Durchbruch ging es Schlag auf Schlag weiter: 1965 folgte mit der Bayernkurve eine weitere als legendär zu bezeichnende Anlage aus dem Hause Schwarzkopf. Es schlossen sich mehrere Achterbahnen der “Jet Star”-Reihe gefolgt vom “Speedracer” und des “Alpenblitz” an. Das Jahr 1976 kann wohl ohne Übertreibung als das Jahr der Geburt des Kultes um die Firma Schwarzkopf bezeichnet werden. Anton Schwarzkopf und der Ingenieur Werner Stengel entwickelten in enger Zusammenarbeit den ersten “fahrbaren” Looping der Achterbahngeschichte. Es gab zwar schon Achterbahnen mit Loopings, die jedoch auf Grund ihrer kreisrunden Form die Fahrgäste mit dermaßen hohen G-Kräften belasteten, dass es für die Gesundheit nicht gerade zuträglich war. Und genau bei der Form dieses Fahrelemetes setzten die Herren Stengel und Schwarzkopf an. Sie flachten einfach die Zufahrt und die Ausfahrt aus dem Loopings ab, sodass eine klotoide Form entstand, und schafften es so, die Kräfte,die auf die Gäste einwirkten, in den Griff zu bekommen. Die erste Anlage mit diesem neuen vertikalen Looping kann auch heute noch besichtigt, gefahren und erlebt werden. Es handelt sich um die Anlage, die heute als “Revolution” bekannt ist und im Six Flags Magic Mountain im kalifornischen Valencia ihre Runden dreht. Eine Bahn, die übrigens auch schon als Kinostar eine gute Figur gemacht hat, und im Film “Rollercoaster” unter dem Namen “Magic Mountain” zu bewundern war.

Deckblatt des Prospektes zur Wild Cat.

Nicht nur im Bereich der Achterbahnen konnte sich die Firma Schwarzkopf einen Namen machen, denn auch mit anderen Fahrgeschäften hatte die Firma beachtlichen Erfolg. So konstruierte Anton Schwarzkopf für seinen alten Freund Gottlieb Löffelhardt und dessen Phantasialand z.B. die Fahrsysteme der Geister-Rikscha und der Silbermine. Auch das heute noch jährlich auf dem Oktoberfest in München zu findende Riesenrad “Almhütt’n” der Schaustellerfamilie Willenborg geht auf das Konto des schwäbischen Familienbetriebes. Im Jahre 1983 platzte für viele Leute eine völlig überraschende Bombe! Die Firma Schwarzkopf GmbH musste Konkurs anmelden. Als Gründe hierfür wurden unter anderem ein geplatzter Großauftrag aus Venezuela, der Tod des Direktors der kreditgebenden Bank und die zu große Anzahl von Überstunden der Mitarbeiter der Schwarzkopf GmbH genannt. In dieser Zeit arbeitete man gerade an der Verwirklichung einer Anlage mit dem Namen “Flugbahn”, die wohl eine der ersten Hängeachterbahnen der Welt geworden wäre, aber leider nie verwirklicht wurde. Einige andere Projekte wie z.B. der “Olympia Looping” oder auch die “Venus” wurden für andere Hersteller wie Zierer oder Maurer Söhne im neu gegründeten kleinen Konstruktionsbüro Schwarzkopf entwickelt. Anton Schwarzkopf starb am 30. Juli 2001 nach einem langjährigen Parkinson-Leiden im Alter von 87 Jahren. Wir möchten diesen Bericht als eine Hommage an einen Visionär der deutschen Achterbahngeschichte verstanden wissen, dessen Lebenswerk es einfach verdient hat, auch noch Jahre nach seinem Ableben gewürdigt zu werden.

Pictures: Copyright schwarzkopf.coaster.net

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