Freizeitparks

Calais Park – Korruption und Lügen um Frankreichs neuestes Freizeitparkprojekt

verfasst von Fabian

Bestechlichkeit, Korruption und falsche Tatsachen sind heutzutage leider nicht mehr aus den Nachrichten wegzudenken. Artikel aus den Bereichen Wirtschaft, Politik und Sport berichten inzwischen viel zu häufig von neuen Erkenntnissen aus Wettskandalen, Schiebungen und manipulierten Wahlen. Nur selten stehen Freizeitparks im Zusammenhang mit solchen negativen Schlagzeilen. Ein neues ambitioniertes Freizeitparkprojekt im Norden Frankreichs, nämlich der vorerst unter dem Planungstitel bekannte Calais Park, ist nun in einen lokalen Korruptionsskandal verwickelt. Doch was ist geschehen?

Der Ort des Geschehens - Calais, an der Straße von Dover gelegen.

Der Ort des Geschehens – Calais, an der Straße von Dover gelegen.

Spyland-Projekt in Calais

Kurz nach der Jahrtausendwende entwickelte Patrick de Saint-Simon, Chef des französischen Unternehmens Noraparc, das Konzept für einen einzigartigen Themenpark, den es weltweit kein zweites Mal geben sollte, das Spyland (Wir berichteten). Anfangs kamen viele Standorte für das Projekt in Frage, sogar Deutschland war in der engeren Auswahl, 2011 legte man sich aber endgültig auf Calais fest. Die 70.000 Einwohner große Stadt an der Straße von Dover und damit in unmittelbarer Nähe zum Eurotunnel erscheint großes Potential für einen international erfolgreichen Park zu bieten. In nur wenigen Stunden könnten Gäste aus Paris, London, Belgien, den Niederlanden und Deutschland das Areal erreichen. Erst im Januar diesen Jahres lies Noraparc erneut eine groß angelegte Besucherzahlprognose erstellen; das Projekt Spyland sollte nach 13 Jahren noch immer realisiert werden. Lediglich die Finanzierung machte dem Freizeitpark Probleme, so dass man nicht mit dem Bau beginnen konnte.

Ein paar coole Attraktionen waren für das Spyland geplant - Anklicken zum Vergrößern!

Ein paar coole Attraktionen waren für das Spyland geplant – Anklicken zum Vergrößern!

Wie es zum Ende des Spyland-Projekts kam

Natacha Bouchart, die seit 2008 Bürgermeisterin von Calais ist, hatte zu einem früheren Zeitpunkt, als der Standort des Spylands noch nicht bestimmt war, Patrick de Saint-Simon zugesichert ein großes, von der Stadt zur Verfügung gestelltes, Gelände bebauen zu können, weshalb unter anderem auch Frankreich den Zuschlag als Standort erhielt. Seit Dezember 2013 gibt es aber einen Nebenbuhler um den attraktiven Freizeitparkstandort, nämlich den Calais Park. Frau Bouchart machte nie ein großes Geheimnis daraus, dass ihr das neue Projekt mehr zusagt und sie dieses in ihrer Stadt bevorzugen würde. Enttäuscht über den geringen Rückhalt, den das Spyland bei der Bürgermeisterin genießt, kam es wohl zu internen Streitereien zwischen ihr und Noraparc. In einem offenen Brief (Link) an Bouchart erklärt Saint-Simon das Spyland in Calais als gescheitert und zieht sein Interesse an dem Standort zurück.

Natacha Bouchart, die Bürgermeisterin von Calais, hat Einiges gegen das Spyland einzuwenden.

Natacha Bouchart, die Bürgermeisterin von Calais, hat Einiges gegen das Spyland einzuwenden.

„Der 16. Juni markiert das Ende unserer Verhandlungen, das Projekt Spyland, das 1291 Tage an Calais, seinen Einwohnern und der Region interessiert war, ist gescheitert. Wir verlassen Calais am 17. Juni“, erklärt Saint-Simon in seinem Brief. „Das Projekt hat seinen letzten Tag erreicht und offenbart eine erschreckende Verfahrensweise. Im Folgenden beantworte ich alle Fragen, die sich jedem bei dem grausamen Austausch des Spylands durch einen Park ohne Namen, stellen. Erlauben sie mir vorübergehend den bildlichen Namen Verräter-Land, denn uns kommt der Verdacht, es wäre ein Versuch uns vor eine unüberwindbare Konkurrenz zu stellen.“

Im weiteren Verlauf schildert Patrick de Saint-Simon wie Ex-Politiker in die Führungspositionen einer neugegründeten Firma namens IDID, die exakt 13 Tage nach der Gründung die Projektleitung für den Calais Park übernahm, eingekauft, wichtige Investoren durch lukrative Angebote von Noraparc weggelockt wurden und diese letztendlich geheime Attraktionspläne des Spylands an IDID weiterleiteten. Am 20. Mai wurde das neue Parkprojekt erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Noraparc war ebenfalls anwesend und musste entsetzt feststellen, dass nicht nur Attraktionsideen geklaut, sondern durch falsche Informationen auch das eigene Projekt in schlechtes Licht gerückt wurde, womit für die Verantwortlichen rund um Saint-Simon das Ende aller Verhandlungen erreicht wurde.

Das Spyland entsteht definitiv nicht mehr in Calais.

Das Spyland entsteht definitiv nicht mehr in Calais.

Was bietet der Calais Park?

Aber warum genau ist der Calais Park für die Besucher und Bewohner der Region die angeblich bessere Option? Mit gerade einmal 300 Millionen Euro Investitionskosten für den Park, ein Hotel und den nötigen Veränderungen an der Infrastruktur erscheint das Projekt ein wahres Schnäppchen zu sein. Immerhin sollen ab 2018, dann könnte der Calais Park eröffnen, jährlich 1,5 Millionen Besucher den Weg nach Nordfrankreich finden. Insgesamt sechs Themenbereiche und über 25 Attraktionen sollen den Park zu einem europaweit einzigartigen Ausflugsziel machen. Das Highlight könnte ein Wing-Coaster im Sci-Fi-Bereich werden, die Artworks des Parks versprechen jedenfalls viel Gutes. Vor allem Natacha Bouchart zeigte immer wieder Skepsis am Spyland, da das Thema des Parks, Frauen und Familien eher weniger anspreche, beim Calais Park werden beide Gruppen fest in die Planungen mit einbezogen. Das Konzept wirkt also ein wenig durchdachter und besser abgestimmt auf die Zielgruppen.

Ein Duelling Coaster würde im Calais Park ebenfalls gebaut werden.

Ein Duelling Coaster würde im Calais Park ebenfalls gebaut werden.

Wie immer bei solchen Projekten bleibt aber natürlich auch hier die große Frage ob der Park realisiert und er seinen Erwartungen gerecht werden kann. Eines steht jedenfalls schon jetzt fest. Einige potentielle Besucher werden dem geplanten Park aufgrund dieser skandalösen Vorgeschichte mit Sicherheit die kalte Schulter zeigen.

Copyright Bilder: IDID, Stefan Kühn, Noraparc, rtl.fr, IDID

über den Autor

Fabian

1 Kommentar

  • Skandalös? Eher moderne kapitalistische Marktwirtschaft. Noraparc war den Anforderungen nicht gewachsen und wurde überrollt. Kein Skandal, tragisch trotzdem. Aber das Konzept des Spylands fand ich auchs sehr, sehr unattraktiv und wenig breitentauglich.