Viele Parks krämen um ihre Neuheiten ewig Geheimnisse, damit die Konkurrenz möglichst lange zum Reagieren braucht. Wird dann endlich bekanntgegeben was die Besucher in der neuen Saison erwartet, ist das dann meist begleitet von einem riesigen Werbeknall. Der grösste britische Park, Alton Towers, betreibt diese Praxis der „geheimen Waffe“ schon seit einigen Jahren sehr ausgiebig und nennt schon fast traditionell seine neuen Hauptattraktionen in der Projektphase schlichtweg „Secret Weapon“.

Niemand macht um seine neuen Achterbahnen ein größeres Geheimnis als Alton Towers
Der Brite John Wardley, einer der berühmtesten Achterbahn- und Themenparkgestalter, wurde 1991, kurz nach der Übernahme durch Tussauds und der Eröffnung des Thunder Loopers, einem Schwarzkopf Shuttle-Loops, beauftragt das Gelände um die völlig abgelegene Bahn zu erweitern. Die Bahn stand im Heute noch sehr abseits gelegenen Themenbereich Forbidden Valley der zu dieser zeit noch Thunder Valley hiess. Für Wardley war klar, um die Besucher in diesen Bereich zu locken muss eine Weltneuheit her, die Secret Weapon 1, kurz SW1. Zufälligerweise bot zu dieser Zeit die Firma Arrow Dynamics aus den USA ein, mit dem Pipeline-Coaster, noch nie dagewesenes Achterbahnkonzept an. Die Wagen fahren in einer rohrähnlichen Stahlkonstruktion eine von Heartlinerollen und Richtungswechsel geprägte Strecke ab die keinerlei Kurven besaß. Wardley verfolgte die Idee weiter und plante die Anlage nach einem Militärstützpunkt zu thematisieren. Doch so weit kam es nie, denn das Projekt wurde wegen finanziellen Problemen von Arrow und Designproblemen von Wardley gestoppt.

John Wardley - Der Mann hinter den Secret Weapons
Mittlerweile hat John Wardley einige andere Projekte realisiert, wie das riesige Haunted House und den Runaway Mine Train, doch eine Ergänzung zu Thunderlooper war noch nicht gefunden. Das war auch der Grund warum er unter dem Namen Secret Weapon 2 die Idee des Pipelinecoasters wieder aufnahm. Zudem konnte Arrow sich wirtschaftlich erholen und errichteten in den USA einen Prototypen des Konzeptes. Wardley war von der nach seiner Meinung zu lahmen, hässlichen und energie-ineffizienten Achterbahn aber so enttäuscht, dass SW2 daraufhin schon schneller beerdigt wurde als das Vorgängerprojekt. Resultat war, dass Arrow nie eine einzige Achterbahn dieser Art baute. Nur der japanische Hersteller Togo konnte das Konzept erfolgreich vermarkten und verkaufte sieben Anlangen dieses Typs.

Der 2005 demontierte Togo Pipeline-Coaster Ultra Twister
Durch Zufall bekam Wardley mit, dass die noch junge Schweizer Coasterschmiede an einem neuen Projekt der Six Flags Gruppe arbeitete und nahm den Kontakt auf. Da Alton Towers um eine historische Burg mit einer riesigen Gartenanlagen gelegen ist, unterliegen alle bauten strengen Vorschriften damit das Landschaftsbild nicht zu stark verändert wird. So dürfen beispielsweise die Attraktionen die Baumkronen nicht überragen. Und was macht man, wenn man nicht in die Höhe bauen kann? Genau, man gräbt in die Tiefe. Für die SW3, heute bekannt unter dem Namen Nemesis, wurden hunderte Kubikmeter Fels gesprengt, sodass die Bahn trotz niedriger Höhe auf stolze 80 km/h beschleunigt. Mittlerweile war schon so viel Zeit verstrichen, dass die Bahn frühestens auf das Jahr 1994 eröffnet werden konnte, ein Jahr, an das sich die britischen Achterbahnfans noch ganz genau erinnern können. Neben Nemesis wurde nur wenige Tage später auch der Stand Up Coaster Shockwave im nahen Drayton Manor sowie der Megacoaster Pepsi Max, The Big One auf dem berühmten Pleasure Beach in Blackpool eröffnet. Doch was war Nemesis eigentlich? Das wussten selbst die Premierengäste nicht, denn trotz einer massiven Werbekampagne wurde nicht verraten welcher revolutionäre Achterbahntyp mitten in England Premiere feiert. Die Secret Weapon 3 war ein voller Erfolg, und ist heute noch eine der beliebtesten Achterbahnen weltweit.

NEMESIS wurde 1994 eröffnet und begeistert noch heute
Nach einem kleinen Exkurs nach Spanien, wo Wardley Dragon Khan, Stampida und einige andere Attraktionen für Universal Mediterranea Port Aventura entwarf, begannen die Planungen für eine weitere Secret Weapon. Da man mit dem Hersteller B&M bei Nemesis gute Erfahrungen gemacht hatte, folgte wieder eine Zusammenarbeit mit den Schweizern. Wie schon bei Nemesis war das Projekt streng geheim, und so blieb dem verwunderten Parkgast nur das Spekulieren übrig was das knapp 40 Meter tiefe Loch neben der Achterbahn Black Hole werden sollte. Als dann plötzlich Schienen auftauchten die breiter waren als die alle anderen bekannten Achterbahntypen erkannte man, dass hier eine weitere Weltneuheit gebaut wurde. So wurde das Loch zum Tunnel und pünktlich im März 1998 eröffnete die erste Dive Machine der Welt. Die Wagen welche aus zwei Reihen a‘ acht Sitzplätzen bestehen, wurden nach kurzem Stopp senkrecht in ein dunkles, anscheinend viel zu kleines Loch geschoben – ein noch nie dagewesener Adrenalinkick.

OBLIVION eröffnete 1998 und war die erste Dive Machine der Welt
Doch Oblivion war eigentlich nur ein Ersatzprojekt, da die Secret Weapon 5, Air, so komplex war, dass sie unmöglich 1998 eröffnet werden konnte. B&M wagte sich an einen noch kaum erprobten Coastertyp, den Flyingcoaster. Nur unweit von Alton Towers, in Manchester, wurde 1997 der erste Flyingcoaster eröffnet, welcher aber aus Einzelwagen bestand und somit schon aus Kapazitätsgründen nicht in Frage kam. Wahrscheinlicher war eine Anlage von Vekoma, welche in den Jahren 2000 und 2001 drei Anlagen dieses Typs verkaufen konnten. Doch man entschied sich, wohl aus Erfahrung, für B&M, die auch schon länger an einer Achterbahn dieser Art arbeiteten. Trotz anfänglicher Probleme zahlte sich dies aus, denn die Bahn bietet dank sanfter Fahrt und einem bequemen Bügelsystem einen Fahrgenuss den eine Vekoma-Anlage zu diesem Zeitpunkt wohl kaum geboten hätte. Der Flug vorbei an modernen Bauten und üppigen Grünanlagen ist in keinster Weise vergleichbar mit der benachbarten Adrenalinmaschine Nemesis, es ist eine Fahrt die einen näher an das Gefühl des Fliegens bringt als jede andere Bahn.

AIR aus dem Jahr 2002, war der erste Flying Coaster von Bolliger & Mabillard
Nach Air folgte ein langer Waffenstillstand, zwar kam mit Rita eine weitere Hauptattraktion nach Alton Towers, doch der Launch-Coaster von Intamin war keine Secret Weapon. Als 2008 bekannt wurde, dass der alte Corkscrew den Park verlässt, keimten sofort die ersten Gerüchte für SW6. Natürlich wurde nach drei Anlagen von B&M wieder mit ihnen als Hersteller gerechnet, doch diesmal bekam überraschenderweise Intamin den Zuschlag eine Familienachterbahn im düsteren „Dark Forest“ zu realisieren. Doch keine Secret Weapon ohne Weltneuheit, so wurde in Th13teen, so der Name von SW6, erstmals ein Freefallelement in einer Achterbahn verwirklicht. Der komplette, zwanzigplätzige Zug wird im Dunkeln fast fünf Meter nach unten befördert um danach rückwärts weiterzufahren.

TH13TEEN enttäuschte viele Fans, da sie im Vergleich unspektakulär war
Es ist verständlich, dass einige Fans nach der Ankündigung von Th13teen enttäuscht waren, da sie nach der SW-Tradition wieder eine spektakuläre Bahn erwartet haben. Doch was bei SW6 nicht war, kann bei SW7 werden, welche schon in Planung ist und frühestens 2013 eröffnet werden soll. Es gibt Vermutungen, dass der B&M Wing-Rider, welcher am ersten April im Gardaland Premiere feiert auch nach Alton kommen soll, aber Angesichts dessen dass Thorpe-Park in London bereits eine derartige Anlage für 2012 plant, ist dies eher unwahrscheinlich. Möglich wäre auch die Erstauslieferung des B&M Launch-Coaster an dem im Schweizer Ingenieurbüro schon länger gearbeitet wird. Was auch immer es schlussendlich wird, es wird was besonderes. Denn irgendwie verpflichtet „Secret Weapon“. Das hat sich Alton Towers aber auch selber eingebrockt!
Verfasst von unserem Forums-VIP Flexrider
Pictures: Copyright Alton Towers & John Wardley
Ja wirklich total gut geschrieben, schade das der Pipeline Coaster nicht da ist, der würde mich noch reizen 🙂 Also ich bin gespannt was als nächste Bahn kommt.