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Shuttle Loop – Der Ursprung des Launchcoasters

verfasst von Flexrider

Fragt man weitgereiste Achterbahn-Enthusiasten nach der Achterbahn mit dem höchsten Kultfaktor, bekommt man in den meisten Fällen eine Schwarzkopf-Anlage als Antwort. Die Anlagen des Konstrukteurs aus Münsterhausen in Bayern erfreuen sich heute, zehn Jahre nach seinem Tod immer noch grösster Beliebtheit, was unter anderem auch an den bis heute unvergleichbar guten Fahreigenschaften seiner Achterbahnen liegt. Einer seiner meistverkauften Bahnentwürfe ist der Shuttle Loop, welchen ich hier etwas genauer unter die Lupe nehmen werde.

Aus dem Katalog der Firma Schwarzkopf

Aus dem Katalog der Firma Schwarzkopf

Wenn man in den Geschichtsbüchern der Freizeitbranche nachschlägt, findet man bei zu diesem Zeitpunkt nie da gewesenen Fahrgeschäften meist die Namen „Arrow“ oder „Schwarzkopf“, so auch in diesem Fall, denn im Jahre 1977 haben beide den ersten Launch-Coaster eröffnet. Welche der beiden Achterbahnschmieden nun als erste auf die Idee kam, einen Zug abzuschiessen, anstatt den üblichen Kettenlift zu benutzen, ist heute wohl kaum mehr festzustellen, doch erstaunlicherweise sehen sich die Anlagen sehr ähnlich. So muss man beim „Launched Loop“ von Arrow zuerst einige Treppenstufen erklimmen, bevor man in luftiger Höhe in den Wagen einsteigt, welcher dann quasi über die Kante in den Looping geschubst wird und mit einem zweiten Abschuss, diesmal rückwärts, am Ende der Bahn wieder zurückgeschossen wird. Der Shuttle Loop hingegen wird, zur Freude der Fahrgäste, auf Bodenniveau abgeschossen, was natürlich einiges mehr an Energie benötigt um durch den Looping zu kommen, dafür aber dank der Schwerkraft keinen zweiten Abschuss benötigt und einfach wieder zurückrollt.

Einer der vier verbliebenen Arrow Launched Loop steht in Blackpool

Einer der vier verbliebenen Arrow Launched Loop steht in Blackpool

Die ersten Shuttle Loops sind aus heutiger Sicht schon fast primitive Konstruktionen, doch ist es immer wieder erstaunlich, wie einfach Anton Schwarzkopf manche Probleme gemeistert hat, welche heute um einiges komplexer gelöst werden. So wurden die Züge der ersten vier Auslieferungen des Shuttle Loops mit einem Fallgewicht am Ende der Strecke beschleunigt. Der Mitnehmerschlitten ist, vereinfacht beschrieben, mit einem Flaschenzug an einem 42 Tonnen schweren Gewicht befestigt, welches in einem geschlossenen Turm 23 Meter in die Tiefe fällt, wodurch der Schlitten den Zug aus der Station raus drückt und somit mit bis zu 85 km/h in den Looping abschiesst. Das Fallgewicht wird am Ende der Fallstrecke durch die von ihm angestaute Luft gebremst, wodurch eine aufwändige Bremskonstruktion unnötig gemacht wird.

Einer der Shuttle Loops mit einem Fallgewicht

Einer der Shuttle Loops mit einem Fallgewicht

Interessant ist, dass bei der dritte Auslieferung dieser Anlage, welche nur wenige Monate nach den ersten beiden in Betrieb ging, eine komplett andere Looping-Bauweise angewandt wurde. Statt der alten Fachwerkbauweise wurde nun erstmals die Schwarzkopf-typische Kastenbauweise benutzt. Neben dem Fallgewicht hatte man auch noch andere Ideen, um den Zug zu beschleunigen, eine davon war der Einsatz der heute verbreiteten Linearmotoren, welche den Zug berührungslos durch ein Magnetfeld beschleunigen. Da diese Technik zu dieser Zeit aber noch unbezahlbar war, wurde die Idee wieder verworfen. Dafür stand aber noch von Anfang an ein andere Idee im Raum, der Antrieb durch ein Schwungrad, welche auch ab der fünften Auslieferung eingesetzt wurde.

Links die Kastenbauweise, rechts die Fachwerkbauweise

Nur ein Jahr nachdem der Prototyp des Shuttle Loops in Betrieb ging, ging schon die zweite Generation an den Start. Durch den Einsatz einer Schwungscheibe entfiel der grosse Turm mit dem Fallgewicht, wodurch die Anlage um einiges ansehnlicher wurde. Während in der Station die Fahrgäste im Wagen Platz nahmen, werden unter der Schiene drei je 2.5 Tonnen schwere, sich drehende Scheibe auf bis zu 1041 Umdrehungen in der Minute beschleunigt, was einer Umfangsgeschwindigkeit von knapp 380 km/h entspricht. War der Zug nun bereit zum Abschuss, wurde das Schwungrad durch eine Kupplung über ein Getriebe mit der Seilscheibe verbunden und der Mitnehmerschlitten schob den Zug wie beim Fallgewichtantrieb aus der Station.

Nicht immer lief alles rund, wie hier bei Sirocco, der heutigen Turbine in Walibi Belgium

Von der zweiten Generation mit Schwungscheibe sind zwischen 1978 und 1982 acht Anlagen in Betrieb gegangen, womit insgesamt 12 Shuttle Loops gebaut wurden. Da Schwarzkopf-Bahnen so robust wie von kaum einem anderen Hersteller sind, verwundert es nicht, das manche Anlagen schon drei mal umgesetzt wurden und immer noch zuverlässig tagtäglich für begeistertes Publikum sorgen. Heute stehen, abgesehen von asiatischen Kopien, auf vier Kontinente verteilt gerade mal noch sechs dieser Klassiker, wovon fünf in Betrieb sind. Der sechste, die Turbine in Walibi Belgium ist seit dem Saisonende 2008 geschlossen und soll auf die Saison 2012 modernisiert wiedereröffnet werden, es könnte also sein, das Schwarzkopfs Idee mit dem Magnetantrieb doch noch verwirklicht wird. Es wär jedenfalls zu wünschen, dass die verbliebenen Bahnen trotz überdurchschnittlich hohen Betriebskosten erhalten bleiben, denn irgendwie sind sie auch eine Art Kulturgut. Ein Kunstwerk sind sie auf alle Fälle

Pictures: Copyright Cedar Fair, Airtimers

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Flexrider

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