Morgens um halb zehn in Italien. Voller Vorfreude stürmen wir den Nahe Ravenna gelegenen Freizeitpark Mirabilandia, um die erst vor wenigen Wochen eröffnete Achterbahn Divertical der Schweizer Intamin AG unter Augenschein zu nehmen. Kann die höchste Wasserachterbahn der Welt die hohen Erwartungen der Fans erfüllen? Und ist das Fahrverhalten am Ende vielleicht sogar besser als bei vergleichbaren Anlagen von Mack Rides? Fragen auf deren Antworten wir leider noch etwas warten müssen, denn eine nur italienisch sprechende Reinigungskraft erklärt uns mit Händen und Füßen, dass wir uns jetzt noch nicht anzustellen brauchen. Divertical öffnet erst um 13 Uhr, oder vielleicht sogar später.
Aber kein Schaden wo kein Nutzen ist, und so bleibt uns wenigstens noch genügend Zeit, um den neuen Teil des Parks in Ruhe zu betrachten. Neben dem imposanten Rennboot und den wehenden Fahnen direkt am Eingang, ist das Prunkstück der Anlage sicher die Station selbst, welche mit ihrem minimalistischen Design und klaren Linien unerwartet edel wirkt und nur wenig mit den sonst so oft überladenen oder langweiligen Stationen gemein hat. Der direkt an Divertical angrenzende See mit seinen Windsurfern und die nur mit einem Bikini oder einer Badehose bekleideten Parkbesucher unterstreichen die gelungene Sportoptik noch zusätzlich.
Wider Erwarten ist es dann erst knapp 12 Uhr, als wir in eines der elf Divertical Rennboote für je zehn Personen steigen und in Richtung Aufzug schippern. Da das Design der Boote optisch an das eines Katamarans angelehnt wurde, schaufeln die Spitzen der beiden Rümpfe schon in den ersten ruhigen Kurven nach der Station etwas Wasser auf und bereiten den Fahrgästen in der ersten Reihe eine spritzige Aussicht auf den weiteren Verlauf der abenteuerlichen Fahrt. Abenteuerlich ist übrigens auch der anstatt eines klassischen Lifthills verwendete Aufzug, der das Boot auf eine Höhe von 55 Meter bringt und begleitet vom Kreischen panischer Italienerinnen etwas hin und her schaukelt.
Oben angekommen verweilt das Boot für einige Sekunden und ermöglicht den in den letzten beiden Reihen sitzenden einen beeindruckenden Blick über den Park und auf die benachbarte Intamin Achterbahn iSpeed. Die Reihen zwei und drei dürfen derweil die Konstruktion der Aufzugsstützen und die erste Reihe den folgenden First Drop mit einer Neigung von 45 Grad bewundern. Über diesen geht es dann auch plötzlich und jegliche Vorwarnung mit einer maximalen Geschwindigkeit von subjektiv nicht spürbaren 105 km/h abwärts. Wider Erwarten fällt der erste Splash dann recht moderat aus. Wirklich Nass wird hier niemand.
Und während sich die Fahrgäste in der ersten Reihe noch verdutzt wundern, weshalb sie auf dem Weg zum Aufzug nasser geworden sind als gerade eben, rast das Boot auch schon wieder aufwärts. Wobei der ca. 25 Meter hohe Camelback, dank eines Schienenprofilwechsels nach dem Splash, genau so ruhig und leider auch unspektakulär ausfällt, wie die darauf folgende Kombination aus einer stark geneigten Linkskurve und einer nach rechts verlaufenden Helix. Inzwischen hat auch der letzte Fahrgast an Bord zu kreischen aufgehört und die Meisten blicken dem abschliessenden kleinen Bump mit einem Ruhepuls von 80 Schlägen entspannt entgegen. So dramatisch wird der zweite Splash schon nicht ausfallen…
Die Antwort auf diese Fehleinschätzung trifft einen nur den Bruchteil einer Sekunde später in Form einer gewaltigen Wasserwand und der plötzlichen Erkenntnis, weshalb alle anderen Fahrgäste im Boot nur mit einem Bikini oder einer Badehose bekleidet sind. Und während man nach dem Aussteigen lachend sein T-Shirt auswringt und sich eine weitere Pfütze am Boden neben dem Merchandising Shop bildet, bleibt eigentlich nur noch eine letzte Frage unbeantwortet: will man die nächsten Stunden in triefend nassen Klamotten durch den Park laufen, oder investiert man ein paar Euro in ein schickes und vor allem trockenes Divertical T-Shirt? Verdient hat es die Bahn alle mal.
Kritisieren kann man an Intamins neuem Hypersplash eigentlich nur das Fehlen jeglicher Airtime und das zu zahm ausgefallene Layout. Muss man aber nicht. Mit seinen großzügigen Kurvenradien, dem butterweichen Fahrverhalten und einem moderaten Geschwindigkeitsgefühl, ist es ganz offensichtlich, dass Divertical trotz seines Marketing-Titels als „Höchste Wasserachterbahn der Welt“ letzten Endes nicht mehr sein will als eine spaßige Familienattraktion. Und dieses Vorhaben erfüllt Divertical mit Bravour!
Divertical
Mirabilandia, Italien
wirklich toller Artikel und super Fotos 🙂 danke Duffy
Aber 4 von 5 für eine Familien Achterbahn?
Klingt ja nicht gerade spannend
Bei einer Wasserachterbahn mitten in Italien sollte ein hoher Nässegrad wirklich vorhanden sein. Divertical erfüllt die einzige Bedingung, die ich an die Bahn gestellt habe, anscheinend. Top.
LG Fabi
Die reine Optik der Bahn ist zwar Geschmackssache, aber wenn die Bahn ihren Zweck erfüllt, ist das die Hauptsache. 🙂
Schaut echt cool aus!