Freizeitparks

JAWS – Die Universal Studios Orlando schicken den weißen Hai in Rente

verfasst von Duffy

Es ist ein düsterer Abend auf See, als die Männer in der Kajüte der Orca zusammen sitzen und der Geschichte des alten Seebären Quint lauschen: „Wir waren gerade auf dem Rückweg von der Insel Tinian und hatten die Bombe abgeliefert. Die Hiroshimabombe. Das Schiff sank in nur zwölf Minuten. Einhundert Mann mussten ins Wasser. Nach einer halben Stunde war der erste Hai da. Wir formierten uns zu Gruppen, da wir dachten, wenn der Hai deinen Nebenmann angreift, dann lässt er dich in Ruhe. Aber meistens lässt er nicht von dir ab. Manchmal sieht dir so ein Hai direkt in die Augen. Er hat dunkle Totenaugen. Wenn du ihm in die Augen siehst, denkst du, er lebt nicht, bis er dich beisst. Seine Augen rollen herum, bis sie ganz weiß werden. Und dann hörst du dieses schrille Gebrüll und die See färbt sich rot. Sie fraßen im Schnitt sechs Männer in der Stunde. Also, elfhundert Männer gingen rein, 316 wurden gerettet. Der Rest war für die Haie.“

1975 versetzte der weiße Hai weltweit Kinobesucher in Angst und Schrecken.

Mit dieser wahren Erzählung und der darauf folgenden fiktiven Jagd auf einen mörderischen weißen Hai, ließ Steven Spielberg 1975 nicht nur den Kinobesuchern einen eisigen Schauer über den Rücken laufen, sondern läutete auch noch ganz nebenbei das Zeitalter der Hollywood Blockbuster ein. Die Produktionskosten für JAWS betrugen schlappe sieben Millionen USD, weltweit hat der Film 470 Millionen USD eingespielt. Nur ein Jahr später wurde die Studio Tour in den Universal Studios Hollywood um eine entsprechende Szene erweitert, die über ein Jahrzehnt lang zum Inbegriff des Themenparks werden sollte. Mann musste in den 1980ern nur die Universal Studios erwähnen, schon hatte jeder das gleiche erschreckende Bild vor Augen: Einen acht Meter langen weißen Hai, der lautlos und mit weit aufgerissenem Maul aus dem stillen Wasser auftaucht und die ahnungslosen Besucher im Zug der Studio Tour zu verschlingen droht.

Der Angriff auf die Tram Tour wurde schnell zum Inbegriff der Universal Studios.

Kein Wunder, dass der Star mit den schwarzen toten Augen auch in den am 7. Juni 1990 eröffneten Universal Studios Orlando nicht fehlen durfte. Allerdings sollte er dieses mal nicht nur kurz ein einer Attraktion auftauchen, sondern neben King Kong und E.T. im Mittelpunkt des Parks stehen. In dem rund 65 Millionen USD teuren Amity Island Themenbereich konnten die Besucher eine gemütliche Bootsfahrt durch den lauschigen Hafen der Kleinstadt unternehmen, welche sich Schlagartig in einen erbitterten Überlebenskampf verwandelt. Neben den für die damalige Zeit überragenden Spezial Effekten, trugen vor allem die menschlichen Tour-Guides viel zur Stimmung bei. Erst deren schau spielerische Leistung vermittelte das Gefühl einer realen Gefahr. Und wenn der weiße Hai am Ende der fünf Minuten langen Horror-Fahrt mit einer gezielten Handgranate in tausend Stücke gesprengt wurde, ernteten die Guides Jubel und tosenden Beifall von den Fahrgästen.

Das Städtchen Amity Island erhielt in Orlando einen eigenen Themenbereich.

War JAWS also die perfekte Freizeitpark Attraktion der 90er? Aus der Sicht der begeisterten Besucher könnte dies zutreffen, für Universal war der Ride allerdings ein wahr gewordener Alptraum, der den Verantwortlichen schlaflose Nächte bereitete. Die von „MCA / Universal Planning and Development“ und „Ride and Show Enginieering“ gemeinsam entwickelte Attraktion litt vom ersten Tag an unter massiven technischen Problemen. Es verging fast kein Tag, an dem die Spezial Effekte nicht versagten und alle Fahrgäste evakuiert werden mussten. Im August 1990, nur drei Monate nach der Eröffnung, wurde JAWS wieder geschlossen und Universal verklagte „Ride and Show Enginieering“ wegen mangelhafter Ausführung. Angeblich wurde die High-Tech Elektronik im inneren der Haie immer wieder beschädigt, da der Hersteller bei deren Abdichtung gepfuscht hatte. Ein Desaster für den frisch eröffneten Freizeitpark.

Wenn wir einen Hai suchen, werden wir ihn kaum an Land finden.

Von 1991 bis Anfang 1992 versuchte Universal die Probleme auf eigene Faust in den Griff zu bekommen. Vergeblich. Letzten Endes sahen die Verantwortlichen nur noch einen einzigen Ausweg: In einer engen Zusammenarbeit mit der Totally Fun Company, die bereits einige der ursprünglichen Attraktionen des Parks entwickelt hatten, wurde JAWS von Grund auf neu geplant, entwickelt und umgesetzt. Im Frühling 1993 wurde die zweite Version des Rides von Roy Scheider, Lorraine Gary und Steven Spielberg eröffnet. Nur leider war diese nicht mehr ganz so spektakulär wie die ursprüngliche. Vor allem das neue Finale enttäuschte viele Fans. Anstelle des blutigen Wasserschwalls beim explodieren der Handgranate, gab es jetzt nur noch einen beherzten Biss in ein Starkstromkabel, sprühende Funken und im Anschluss ein well done gegrilltes Haifisch-Steak. Aber immerhin lief die Attraktion jetzt zuverlässig und ohne Probleme.

Die Pyrotechnischen Effekte der Attraktion waren in den 90er Jahren legendär.

Die Geschichte um den JAWS Ride würde hier wohl auch enden, wäre da nicht die tragische Hurrikansaison 2004 gewesen. Die dicht aufeinander folgenden Naturkatastrophen ließen in diesem Jahr ganz Florida den Atem anhalten und spiegelten sich auch in einem steigendem Erdölpreis wieder. Da JAWS aber genau davon Unmengen für die pyrotechnischen Effekte und den Antrieb der Tour Boote verschlang, sah sich Universal gezwungen die Attraktion vorübergehend zu schließen. Eine saisonale Wiedereröffnung, mit eingeschränkten Betriebszeiten, fand erst Ende 2005 statt. Seit dem Februar 2008 war JAWS dann zwar endlich wieder jeden Tag in Betrieb, aber auch das Alter der Attraktion machte sich nun langsam bemerkbar und in den Jahren 2008, 2009, 2010 und 2011 folgten längere Renovierungsarbeiten. Wen wundert es da noch, dass Universal den alternden weißen Hai in Rente schicken will? Und das so schnell wie möglich.

Diese vertraute Szene ist in den Universal Studios schon bald Geschichte.

Wer die legendäre JAWS Attraktion in den Universal Studios Orlando noch einmal live erleben will, hat noch bis zum 2. Jänner 2012 Zeit. Ab dann ist der weiße Hai Geschichte und der gesamte Amity Themenbereich wird dem Erdboden gleich gemacht um Platz für eine neue, noch nicht näher genannte, Attraktion zu schaffen. Bleibt zu hoffen, dass Universal hier einen würdigen Nachfolger in Petto hat. Denn in den Herzen der Universal Studios Fans der ersten Stunde, wird diese Baustelle eine klaffende Lücke hinterlassen. Vor allem, da in den vergangenen Jahren auch bereits „Kongfrontation“, „Earthquake“ und „Back to the Future“ moderneren (und besseren?) Attraktionen weichen mussten. Von dem Charme der ursprünglichen Universal Studios ist jedenfalls schon bald nicht mehr viel übrig…

Pictures: Copyright Universal Studios Orlando

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Duffy

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