„Besser gut kopiert als schlecht erfunden“ – dieses Sprichwort haben sich so einige asiatische Unternehmer bei der Entwicklung ihrer Freizeitparks zu Eigen gemacht. Anstatt ein eigenes Konzept zu entwickeln, schaute man dort einige Male lieber auf den Branchenprimus Disney und entwickelte Freizeitparks wie den Beijing Shijingshan Amusement Park (gegründet 1986), das nie fertiggestellte Wonderland in China und seit 1989 auch – mit Abstrichen – die recht erfolgreiche Lotte World in Südkorea. Sie alle haben eine hohe Ähnlichkeit zu den Disneyländern dieser Welt, sodass der Begriff Plagiat je nach Fall kaum übertrieben ist.

Verwandtschaft mit Disney kaum abstreitbar: Das Nara Dreamland (1961-2006),
Das Nara Dreamland in der südwestlichen japanischen Region Kinki, das 2006 den Betrieb einstellte, gehörte wohl auch in diese Reihe der Disney-Kopien. Man fand dort eine Mainstreet Station, eine Art Matterhorn-Achterbahn (wenn auch mit stark vereinfachtem Layout), natürlich das bekannte Disneyschloss sowie ein an die Jungle Cruise orientierte Bootsfahrt dazu alles in ähnlichem Aufbau wie beim Original. Insgesamt muss der Park wie eine kuriose Disney-Parallelwelt gewirkt haben.
Dennoch nimmt das Dreamland eine Sonderstellung ein – denn es wurde bereits 1961 gegründet, nur fünf Jahre nachdem das originale Disneyland in Kalifornien eröffnete und zehn Jahre bevor mit Disney World die erste echte Dependance des Disneyland präsentiert wurde.

Ein alter Park: Bereits 1961 wurde das Nara Dreamland gegründet.
Auch die Enstehungsgeschichte des Parks ist interessant und setzt das Dreamland von anderen asiatischen Disney-Kopien ab, denn ursprünglich sollte hier nach dem Willen des Gründers und japanischen Unternehmers Kunizo Matsuo das allererste Disneyland neben dem Original in Kalifornien enstehen. Matsuo war vom Disneyland in den USA so begeistert, dass er etwas derartiges auch in seinem Heimatland umsetzen wollte. Der Unternehmer trat in Kontakt mit Disney und zu Beginn war man sich sogar einig. Disney schickte Ingenieure nach Japan, die den dortigen Machern halfen, die verschiedenen Attraktionen im Park zu realisieren.
Doch, wie wir alle wissen: Das Dreamland wurde letztlich dann doch nicht das erste japanische Disneyland – und die erste Filiale des amerikanischen. Matsuos Firma und Disney konnten sich nicht auf einen Lizenzvertrag für die Disneyattraktionen einigen. Dem Vernehmen nach waren es wohl die finanzielle Gründe, die dieser Vereinbarung im Wege standen.

Der Park 2013 (verlassen) aus der Vogelperspektive.
Und so operierte das Nara Dreamland 45 Jahre lang als Disney-Kopie – denn schließlich standen die Attraktionen bereits und konnten eingesetzt werden. Dabei konnte sich der Freizeitpark auf mittlerem Niveau stabilisieren. Zu Spitzenzeiten kamen einigen Quellen zufolge im Jahr 1,6 Millionen Menschen in den Park. Doch mit der Zeit wurde es immer schwieriger, sich auf dem Markt zu halten. Das 1983 eröffnete Tokyo Disneyland war der erste große Schlag, der Zweite folgte 2001 mit den nur wenige Kilometer entfernten Universal Studios Japan. Zuletzt konnte der Park nur noch rund 400.000 Besucher generieren, während die genannten Konkurrenten ein Vielfaches im Bereich mehrerer Millionen anzogen.

Die Holzachterbahn Aska (1998), dem Vernehmen nach eine solide Bahn, aber unpassend zum Disneythema.
Ohnehin hatte das Dreamland bis dahin schon seinen Besitzer gewechselt und mit der Holzachterbahn Aska, orientiert an Cyclone auf Coney Island, eine an sich zwar gute, jedoch kaum noch zum Disneytheming passende Attraktion erhalten. All das nützte nichts, vor nunmehr neun Jahren war es in Nara vorbei mit dem Freizeitpark. Das Gelände steht noch heute, eine städtische Versteigerung im letzten Herbst zum Preis von 730 Millionen Yen (rund fünf Millionen Euro) fand jedoch keine Bieter.
Nicht auszudenken, was vielleicht passiert wäre, wenn sich Matsuo und Disney vor mehr als fünfzig Jahren über die Lizenz hätten einigen können. Dann würde man jetzt vielleicht nach Nara und nicht nach Tokyo reisen, um das japanische Disneyland zu besuchen.
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